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GeoCooling: Kühlen ohne Klimaanlage

So widersprüchlich es klingen mag: Mit Erdwärme lassen sich Wohnräume wärmen, aber auch kühlen. Letzteres wird immer dringlicher – und ist dank GeoCooling umweltverträglich möglich.

GeoCooling in der Praxis: Erfahren Sie, warum sich ein Hausbesitzer aus Coldrerio TI für die Kühlmethode entschieden hat und welche Erfahrungen er damit macht.

Was im Süden Europas Alltag ist, prägt zunehmend auch das Leben in der Schweiz: Die Hitzephasen im Sommer häufen sich und dauern länger. Um den gewohnten Komfort beim Arbeiten und Wohnen zu erhalten, müssen viele Räume aktiv gekühlt werden. «Das Bedürfnis nach Kühlung nimmt seit einigen Jahren merklich zu», bestätigt Adrian Altenburger, Leiter des Instituts für Gebäudetechnik und Energie der Hochschule Luzern.

Entsprechend denken viele Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer über die Anschaffung einer Klimaanlage nach. Doch mit Blick auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit ist das problematisch – denn klassische Klimaanlagen verbrauchen viel Energie. 2024 ist der weltweite Strombedarf überdurchschnittlich gestiegen. Vor allem durch Klimaanlagen wegen extremer Hitze in Indien und China.

Dichte Neubauten

In der Schweiz kam eine Studie des Bundesamts für Energie (BFE)zum Schluss, dass der Kühlbedarf bei Alt- und Bestandsbauten eher gering, bei Neubauten allerdings oft enorm hoch ist. Würden keine speziellen wärmeschützenden Massnahmen ergriffen, sei es denkbar, dass dereinst in der Schweiz für die Kühlung einer Immobilie ähnlich viel Energie verbraucht werde wie fürs Heizen. In Alt- und Bestandsbauten liegt der Anteil aktuell bei maximal 20 Prozent.

Der Grund: Ältere Gebäude verfügen oft über massive Wände, die Wärme absorbieren und Innenräume vor schneller Aufheizung schützen. Zudem begünstigen Materialien und Fenster eine natürliche Luftzirkulation. Neubauten hingegen sind gut isoliert, aber häufig luftdicht – die Wärme kann schlecht entweichen. Bürogebäude mit nicht zu öffnenden Fensterfronten sind ein Beispiel dafür.

Klimafreundliche Methoden

Gefragt sind also nachhaltige Methoden – und die gibt es bereits. Die bekannteste: nächtliches Lüften über offene Fenster. Solche Massnahmen, die ohne Klimaanlage kühlen, werden unter dem Begriff «Free Cooling» zusammengefasst. Dazu zählen auch Hightech-Systeme, die umweltfreundlich und energieeffizient arbeiten. Manche sind bereits in Rechenzentren, Industrieanlagen oder grossen Gebäuden im Einsatz.

Deren Prinzip: Statt aktiv Kälte durch Kompressoren oder Kältemaschinen zu erzeugen, nutzen sie die Kälte der Aussenluft oder von natürlichen Wärmesenken wie Seen oder Flüssen. Immer häufiger kommt in Bürogebäuden und in Privathäusern eine weitere nachhaltige Kühlmethode zum Einsatz: das GeoCooling. Dieses Verfahren nutzt die Temperatur des Bodens zur Kühlung und hilft damit, den Stromverbrauch der konventionellen Gebäudekühlung erheblich zu senken.

Kühles Erdreich

GeoCooling beruht darauf, dass der Boden rund 20 Meter unterhalb der Erdoberfläche das ganze Jahr über eine konstante Temperatur von 10 bis 15 °C aufweist. Mit einer Sole/Wasser-Wärmepumpe lässt sich diese Erdwärme zweifach nutzen: Im Winter wärmt sie Wohnräume, im Sommer kühlt sie diese ab. Das Temperaturgefälle zwischen der Raumtemperatur und der Erdwärme wird dabei ausgenutzt. Für die Kühlung bedeutet das: Eine Trägerflüssigkeit (Sole) wird in den Boden gepumpt, durchströmt das Erdreich, kühlt dabei ab und steigt dann wieder an die Oberfläche. Um das zu bewerkstelligen, braucht es lediglich eine Umwälzpumpe. Im Hausinneren wird die Kälte der Sole dann mittels Wärmetauscher an das Wasser im Heizkreislauf übertragen und über die Fussbodenheizung, die Wandheizung oder Kühldecken an die Raumluft abgegeben.

GeoCooling mit Erdwärmesonden ist energetisch um ein Vielfaches effizienter als klassische Klimaanlagen.
Adrian Altenburger, Leiter des Instituts für Gebäudetechnik und Energie der Hochschule Luzern

Die Raumtemperatur kann so im Hochsommer um zwei bis drei Grad abgesenkt werden – was die Bewohnerinnen und Bewohner bereits als angenehm empfinden. Die Technologie ist aus ökologischer Sicht dann besonders interessant, wenn die Energie für den Betrieb der Umwälzpumpe von einer Photovoltaikanlage stammt.

Schweizer Beispiele

«GeoCooling mit Erdwärmesonden ist energetisch um ein Vielfaches effizienter als klassische Klimaanlagen», sagt Adrian Altenburger, der an grossen GeoCooling-Projekten beteiligt war. Der Strombedarf sei rund achtmal kleiner – entsprechend auch die Stromkosten.

Die Methode kann überall dort eingesetzt werden, wo Erdwärmesonden erlaubt sind. Wo genau, ist in der Regel auf den geografischen Informationssystemen der Kantone ersichtlich. In der Schweiz sorgt GeoCooling bereits in verschiedenen Grossgebäuden für ein angenehmes Raumklima – so etwa am Hauptsitz der international tätigen Naturschutzorganisation IUCN (International Union for Conservation of Nature) in Gland VD, einem der nach eigenen Angaben «grünsten Bürogebäude Europas».

Ein weiteres Beispiel ist das nach dem Minergie-Standard gebaute Verwaltungsgebäude der Zollstelle Brogeda-Chiasso, wo aktive Bauteile, die in die Betondecken integriert sind, die Kühlung aus dem Boden möglich machen. Aber auch bei Einfamilienhäusern kommt GeoCooling zunehmend zum Einsatz – zum Beispiel in der Tessiner Gemeinde Cureggia. Dort wurde bei der Erneuerung eines Einfamilienhauses eine Erdwärmesonde installiert. Sie wird nun sowohl fürs Heizen als auch fürs Kühlen genutzt. Gekühlt wird über die Bodenheizung.

Grundsätzlich eignet sich jede Sole/Wasser-Wärmepumpe für GeoCooling. In der Schweiz sind bereits mehrere hunderttausend solcher Anlagen installiert. Ein zusätzlicher Vorteil ergibt sich, wenn viele Sonden nahe beieinander liegen: Durch die Heiznutzung im Winter kann das Erdreich mit der Zeit auskühlen, was die Effizienz der Anlagen senkt. Wird im Sommer mit GeoCooling ein Teil der Energie zurückgeführt, lässt sich das verhindern – bis zu ein Viertel der im Winter entzogenen Wärme gelangt so zurück ins Erdreich.

So halten Sie Räume kühl

  • Fenster und Türen tagsüber geschlossen halten, um Hitze draussen zu lassen. 

  • Abends querlüften: gegenüberliegende Fenster/Türen öffnen, damit die Luft durchströmen kann. 

  • Sonneneinstrahlung mit Storen, Rollläden oder Markisen abwehren. 

  • Bäume oder Sträucher spenden Schatten und wirken durch Verdunstung kühlend. 

  • Brunnen oder Teiche senken lokal die Umgebungstemperatur. 

  • Auf gute Dämmung bei Neubauten achten – aber atmungsaktive Materialien wie Lehm oder Stroh verwenden, um Hitzestau zu vermeiden. 

  • Helle Fassadenfarben reflektieren Sonnenstrahlen besser und reduzieren so die Wärmeaufnahme.

  • Elektrogeräte wie Backöfen tagsüber meiden, LED-Lampen verwenden.

Dieser Artikel wurde ursprünglich im Energiejournal Juni 2025 veröffentlicht. Lesen Sie weitere Artikel der Ausgabe:

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