Fortschrittliches Energiegesetz: Der Kanton Neuenburg will weg von fossilen Heizstoffen

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Laurent Favre ist Regierungsrat im Kanton Neuchâtel und Vorsteher des Departements für Raumentwicklung und Umwelt. In diesem Interview schildert er seine Ansicht zum Förderprogramm für Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer, die ihr Heizungssystem ersetzen möchten.

Das Neuenburger Energiegesetz ist eines der ehrgeizigsten in der Schweiz. Welche Bestimmungen gelten beim Ersatz des Wärmeerzeugers?

Laurent Favre: Das Gesetz sieht vor, dass der Wärmebedarf, sofern dies technisch möglich ist und keine Mehrkosten verursacht, ausschliesslich durch erneuerbare Energien gedeckt werden muss. Diese Regelung gilt für Wohngebäude und auch als Vorbild für Gebäude im Besitz der öffentlichen Hand.In über 90 % der Fälle setzen die Hauseigentümerinnen und -eigentümer auf komplett erneuerbare Heizsysteme (85 % von ihnen entscheiden sich für eine Wärmepumpe), denn sie wissen, dass sie dadurch nicht nur einen Beitrag zum Klimaplan leisten, sondern auch die eigene Versorgungssicherheit erhöhen. Darüber hinaus werden ab 2030 Elektroheizungen im Kanton verboten und die Verpflichtung zur Heizungssanierung bis 2050 dürfte die Verbreitung von fossilen Heizungen schrittweise drastisch reduzieren.

Was sind Ihrer Erfahrung nach die grössten Herausforderungen für Hauseigentümerinnen und -eigentümer beim Umstieg auf ein erneuerbares Heizungssystem?

Zunächst sollte die technische Machbarkeit der erneuerbaren Alternativen geprüft werden. Besitzt man einen Heizöltank, so hat man auch Raum für ein Pelletsilo. Bei einer Gasheizung, deren Platzbedarf geringer ist, könnte die Alternative eine Wärmepumpe sein. Aber woher sollten man die Wärme aus der Umwelt beziehen? Aus der Luft oder aus dem Boden? Ist mein Haus ausreichend isoliert? Kann ich für mein Projekt eine finanzielle Unterstützung beantragen? Diese Fragen stellen für die meisten von uns, die über keine Fachkenntnisse verfügen, eine Herausforderung dar.

Wie unterstützt der Kanton die Hauseigentümerschaften, die diesen Weg einschlagen?

Das Gebäudeprogramm des Kantons unterstützt die energetische Sanierung der Gebäudehülle und den Ersatz der fossilen Wärmeerzeugung durch erneuerbare Energien. Renoviert die Hauseigentümerschaft ein Gebäude nach MINERGIE©-Standards oder kann die Energieeffizienz gemäss Gebäudeenergieausweises (GEAK©) gesteigert werden, so kann eine finanzielle Unterstützung beansprucht werden. Und Steuerabzüge für Investitionen in die Energieeffizienz sowie in erneuerbare Heizsysteme bieten einen weiteren wichtigen Anreiz.

Wie bewerten Sie das Programm «erneuerbar heizen» und die Impulsberatung?

Mit den Impulsberatungen des Programms «erneuerbar heizen» können frühzeitig die zahlreichen Fragen der Hauseigentümerschaft beantwortet werden. Wir freuen uns, dass dieses Programm, das wir mit kantonalen Mitteln unterstützt haben, durch die Unterstützung des Bundes nun in der ganzen Schweiz kostenlos angeboten wird.

Welches Vorgehen würden Sie Hauseigentümerinnen und -eigentümern empfehlen, die eine Heizung mit fossilen Energieträgern oder eine Elektrodirektheizung besitzen?

Zunächst sollten sie die Impulsberatung von «erneuerbar heizen» in Anspruch nehmen. Und wer sich für weitere Sanierungen entscheidet, dem empfehlen wir, einen kantonalen Gebäudeenergieausweis mit Beratungsbericht (GEAK© Plus) erstellen zu lassen. Weiterhin rufen wir die Bevölkerung und die Wirtschaft dazu auf, ebenfalls den Empfehlungen der nationalen Sparkampagne des Bundes zu folgen, sodass eine Mangellage abgewendet werden kann.

Der Klimaplan des Kantons Neuchâtel strebt die CO2-Neutralität bis 2050 an. Mit welchen flankierenden Massnahmen werden jene ermutigt, die sich für einen vollständigen Verzicht auf fossile Energieträger einsetzen?

Im Rahmen des Klimaplans werden zusätzliche finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt, mit denen die Dynamik der energetischen Gebäudesanierung verstärkt werden kann. Mit unserer Photovoltaik-Offensive wollen wir auch die Solartechnik vorantreiben, um das Potenzial insbesondere grosser Dächer schneller zu nutzen. Ausserdem sollen Innovationen im Bereich der Solarenergie an Gebäuden unterstützt werden, sodass die Sonnenkollektoren auf Dächern und an Fassaden optimal integriert werden können. Und schliesslich bietet der Kanton einen Beitrag für gemeinsam genutzte Elektroladestationen an, um den Umstieg auf die Elektromobilität voranzutreiben.

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