EnergieSchweiz

So reduzieren Sie CO₂ beim Bauen

Der Bau von Gebäuden verursacht hohe CO₂-Emissionen. Mit der richtigen Planung und Materialwahl können Bauherrinnen und Bauherren den ökologischen Fussabdruck ihrer Immobilie massiv verkleinern.

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Um das Netto-Null-Ziel zu erreichen, muss nicht nur der Betrieb von Gebäuden, sondern auch deren Bau nachhaltiger werden. Denn ein wesentlicher Teil der CO₂-Belastung fällt bereits bei der Erstellung von Gebäuden an. Energie- und emissionsintensiv sind neben der eigentlichen Bautätigkeit auch die vorgelagerte Rohstoffgewinnung, Verarbeitung sowie der Transport vieler Baustoffe. Die Produktion von Zement zum Beispiel verursacht etwa 8 % der globalen Treibhausgasemissionen. Zement wird für die Herstellung von Beton benötigt, dem weltweit meistverwendeten Baustoff.

Diese «grauen Emissionen» stehen verstärkt im Fokus: Das revidierte Energiegesetz verpflichtet die Kantone seit Anfang 2025, Grenzwerte für die graue Energie vorzuschreiben (siehe Text unten). Das macht ein Umdenken nötig – von der Planung über die Materialwahl bis hin zur Wiederverwertung von Bauteilen. Noch seien Bauherrinnen und Planer für dieses Thema zu wenig sensibilisiert, sagt Markus Wüest, Spezialist Gebäude beim Bundesamt für Energie BFE. «Doch wer sorgfältig und klimabewusst plant, kann die CO₂-Bilanz seines Gebäudes erheblich verbessern.»

Innovative Materialien und Bauteile

Grundsätzlich gilt: Es gibt keine «guten» oder «schlechten» Materialien. Wie viel graue Energie verursacht wird, hängt von der Art der Gewinnung oder Wiederverwendung, dem Recyclinganteil sowie Anzahl und Art der Bearbeitungsschritte ab. Wählt man das Bauteil geschickt, kann es mehrere Funktionen gleichzeitig übernehmen – Solarmodule können etwa heute Dachziegel oder Fassadenteile ersetzen. Sparpotenzial bieten auch alternative Baustoffe wie Lehmziegel, vorfabrizierte Holzelemente, rezyklierter Beton sowie biobasierte Dämmstoffe aus Stroh, Gras oder Hanf. Sie reduzieren den ökologischen Fussabdruck eines Bauprojekts erheblich.

Die BFE-Studie «ZeroStrat» zeigt: Werden beim Betonneubau solche innovativen Baustoffe und Bauteile eingesetzt, sinken die Emissionen um 35 bis 41 % gegenüber einem konventionellen Betonbau. Beim Holzbau ist die Spannbreite etwas grösser – hier lassen sich beim Neubau mit innovativen Baustoffen und Bauteilen gegenüber einem konventionellen Holzneubau zwischen 26 und 46 % Emissionen einsparen.

Alternative Baustoffe haben aber auch Nachteile: Zum Beispiel braucht die Dämmung mit Stroh mehr Platz als eine aus Hartschaum oder Styropor. Damit Bauherrinnen und Bauherren leichter entscheiden können, müssen Informationen zum Nutzen alternativer Baustoffe einfacher zugänglich sein. Das ist bis jetzt nicht der Fall.  Markus Wüest: «Heute liegt es beim einzelnen Planer, eine Materialdatenbank zu führen und Baumaterialien wiederzuverwenden. Die neuen Gesetze bringen hoffentlich Dynamik in den Markt.»

Tipps von Fachleuten

Bestandesbauten
  • Geht es darum, die CO₂-Bilanz eines Bauprojekts zu verbessern, ist der Umgang mit dem Bestand der wichtigste Hebel. Laut der BFE-Studie ZeroStrat verursacht die Sanierung eines Betonbaus bis zu 65 % weniger Emissionen als ein Neubau aus Beton.

  • Ältere Bauten können modernisiert werden. Vielleicht lässt sich das Dachgeschoss aufstocken oder die Küche durch einen Anbau erweitern. Aus Klimasicht sollten sich Änderungen aber auf nichttragende Wände beschränken: Die Erstellung des Gebäudekerns benötigt am meisten graue Energie.

Neubauten
  • Der Bau von Untergeschossen benötigt viel Beton und ist sehr emissionsintensiv. Kellerräume oder Tiefgaragen sollten deshalb auf das Nötigste reduziert oder ganz weggelassen werden. Auch Untergeschosse aus Holz sind möglich. Sie sind nachhaltiger und schneller gebaut. Die Technik steht allerdings noch am Anfang.

  • Die Herstellung von Glas benötigt viel Energie. Daher sollte die Grösse der Fensterflächen ein Kompromiss zwischen Licht und grauer Energie sein. Fachleute empfehlen als Richtwert einen Fensteranteil von etwa einem Drittel

 Bestandes- und Neubauten
  • Leitungen für Strom und Wasser sollten nicht in tragende Wände verlegt werden. Diese strukturelle Schwächung der Wände bedeutet, dass mehr Beton benötigt wird. Elektro- und Wasserleitungen lassen sich ausserhalb der Wand anbringen. Auch Lüftungsleitungen am besten nicht in Decken eingiessen, denn dies benötigt eine dickere Decke mit mehr Beton. Besser ist eine Montage ausserhalb der Decken. Optisch lassen sich solche Leitungen etwa durch Zwischendecken, Rohrabdeckleisten oder Rohrkästen verbergen.

  •  Bauteile und Materialien mit unterschiedlicher Lebensdauer sollten einfach trennbar sein, um Wiederverwendung zu ermöglichen.

  •  Ressourcenschonende, regenerative und emissionsarme Baustoffe bevorzugen. Auch diese sollten effizient eingesetzt werden.

Kantone und Minergie verschärfen Vorschriften

Seit dem 1. Januar 2025 ist das revidierte Energiegesetz in Kraft. Es verpflichtet die Kantone, Grenzwerte für die graue Energie vorzuschreiben – sowohl bei Neubauten als auch bei wesentlichen Erneuerungen. Die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2025) werden voraussichtlich im August 2025 verabschiedet. Der Kanton Basel-Stadt diskutiert zudem die Förderung von CO₂-optimierten Baustoffen. Ausserdem soll eine Abgabe auf den Abriss intakter Häuser Sanierungen attraktiver machen. Auch Minergie, der Schweizer Baustandard für Neubauten und Sanierungen, hat seine Anforderungen verschärft und Grenzwerte für die Treibhausgasemissionen bei der Gebäudeerstellung eingeführt. Zudem muss bei Neubauten und Sanierungen die ganze nutzbare Dachfläche mit Photovoltaikmodulen belegt und der Nachweis des Wärmeschutzes mit Zukunftsdaten erbracht werden. Man beurteilt damit, ob ein Gebäude auch in 20 Jahren noch komfortabel bewohnbar sein wird, falls die Temperaturen weiter steigen sollten.

Dieser Artikel wurde ursprünglich im Energiejournal Juni 2025 veröffentlicht. Lesen Sie weitere Artikel der Ausgabe:

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