EnergieSchweiz

Elektroautos: Batterierecycling in der Schweiz

Über 90 % der Materialien in Autobatterien lassen sich rezyklieren. Im Interview verrät Unternehmer Jodok Reinhardt, wie und weshalb er ab 2024 in der Schweiz mit Batterierecycling startet.

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Jodok Reinhardt, weshalb braucht es in der Schweiz eine Recyclinganlage für Antriebsbatterien? Der Markt ist klein, das Volumen der Altware ebenso.

Batterien werden derzeit allesamt ins Ausland gekarrt. Die Kosten für die Transporte aber sind hoch. Denn das Gut gilt als gefährlich. Sie sind geladen mit Strom und darüber hinaus schwer. Deshalb müssen sie hohen Sicherheitsauflagen genügen, werden sie transportiert. Folglich müssen die Transportwege kurz sein, will man die Kosten niedrig halten. Das allein spricht für den Standort Schweiz. Er macht allein schon ökonomisch Sinn.

Und ökologisch?

Bislang wurden Altbatterien eingeschmolzen oder verbrannt, mit einer Rückgewinnungsrate von 30, höchstens 40 Prozent. Ausserdem waren die Verfahren energieaufwendig. Wir gehen einen anderen, zukunftsweisenden Weg. Das Recycling, wie wir es betreiben, erhält über 95 Prozent der in den Batterien verarbeiteten Rohstoffe. Lithium, Kobalt und Nickel, die daraus hervorgehen, müsste man sonst in Bergwerken abbauen. Das hat einen immensen Impact: Dadurch spart man in der Batterieproduktion acht Tonnen CO2 pro Tonne. Überdies fällt der Sondermüll weg.

Viele beurteilen Autobatterien skeptisch, kritisieren deren Ökobilanz – zu Recht?

Mit Blick auf die neuen Recyclingverfahren: nein. Das sage ich nicht nur als Unternehmer, sondern auch als Privatperson. Mir ist Nachhaltigkeit und Ökologie sehr wichtig. Klar müssen weiterhin Rohstoffe im teils fragwürdigen Bergbau gewonnen werden, aber weit weniger als noch in der Gegenwart. Batterien sind ökologisch weit unproblematischer als noch vor Jahren.

Sie kamen vor gut zweieinhalb Jahren mit Ihrer Frau am Küchentisch auf die Idee, ein entsprechendes Werk zu initiieren. Wo stehen Sie heute mit Ihren Plänen?

Das Unternehmen Librec ist gegründet, die Vorabklärungen sind getroffen. Wahrscheinlich beginnen wir Ende Jahr in Biberist mit dem Bau der knapp 4000 Quadratmeter grossen Werkhalle. Falls alles rund läuft, startet Librec Ende 2023 mit den ersten Tests und geht allerspätestens Mitte 2024 in Betrieb. Das Volumen, auf das wir uns ausrichten: 7000 Tonnen jährlich. Die Lithium-Antriebsbatterien, die wir auseinanderschrauben, stammen mehrheitlich aus dem Personenverkehr, aber auch aus Lastwagen, Schiffen und Lokomotiven.

Will heissen: Künftig enden sämtliche Antriebsbatterien, die in der Schweiz ausrangiert werden, bei Ihnen in Biberist?

Wir hoffen darauf, aber mit Sicherheit lässt sich das nicht sagen. Denn wir agieren in einem freien Markt. Wir haben aber einige Trümpfe im Ärmel.

Welche?

Wir weisen die grösste Rückgewinnungsrate auf: 96 Prozent. Und wir haben die Kosten fest im Griff. Hier kann ich meine Erfahrungen aus der Wirtschaft einbringen. Überdies optimierten wir verschiedene Verfahren, etwa die Vakuumtrocknung oder die Entschichtung der Batterien. Wir kratzen sozusagen die wertvollen Stoffe von den Elektroden.

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Die Kernelemente der Batterie bleiben voll und ganz erhalten.
Jodok Reinhardt

Wie funktioniert Ihr Verfahren?

Die Batterien werden nicht länger eingeschmolzen, sondern geschreddert. Wir sondieren daraus nahezu alle Werkstoffe. Was besonders interessant ist: die Schwarzmasse, ein schwarzes Pulver. Darin sind Kobalt, Nickel, Mangan und Lithium enthalten, die Kernelemente der Batterie. Sie bleiben voll und ganz erhalten.

Sie hantieren im Recycling mit Reststrom, Flüssigkeiten und Metallen. Muss die Nachbarschaft in Biberist um ihre Gesundheit bangen?

Nein, kein bisschen. Den Reststrom, der in den ausrangierten Batterien enthalten ist, leiten wir ab und nutzen ihn im Betrieb. Er deckt rund ein Drittel unseres Strombedarfs. Unser Verfahren bedarf nicht einmal einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Wir sind ein normaler Gewerbebetrieb und arbeiten sozusagen wie eine Mechanikerbude, nur komplexer.

Wie viel Energie schont das neue Verfahren, verglichen mit dem alten?

Im Vergleich zum Schmelzverfahren beansprucht unsere Methode noch 15 bis 20 Prozent Energie. Die Energie, die durch den Wegfall des Bergbaus eingespart wird, kommt noch dazu. Die Autoindustrie ist an unseren Rohstoffen äusserst interessiert. Wir können aktiv mithelfen, die Elektromobilität voranzutreiben

Sie sind ein Start-up wie hundert andere. Ihre Pläne lösten jedoch schon von Anbeginn weg grosses mediales Echo aus. Weshalb?

Das Bewusstsein, dass in diesem Bereich etwas gehen muss, ist breit vorhanden. Denn die Elektrifizierung der Gesellschaft ist ohne taugliches Recycling auf lange Sicht nicht denkbar.

Weshalb?

Die Elektrifizierung der Gesellschaft wird weiterwachsen. Es müssen Möglichkeiten geschaffen werden, den dafür nötigen Strom dezentral zu produzieren, auch in kleineren Anlagen. Die Gesellschaft wird sich von grossen Stromversorgern lösen müssen, die Produktion wird sich granulieren. Strom wird die neue Währung. Die gestiegenen Gas- und Ölpreise werden die Suche nach Alternativen zusätzlich vorantreiben – und in der Schweiz den Siegeszug der erneuerbaren Energien vorantreiben. Hoffentlich. Doch dafür braucht es Batterien.

Und Sie können diese bieten? Ein Teil der Altware, die Sie einsammeln, bekommt ein zweites Leben geschenkt.

Stimmt. Eine Schwesterfirma, mit der Librec eng zusammenarbeitet, überprüft die Batterien, ob sie für ein Upcycling taugen. Wir gehen davon aus, dass jede fünfte diese Anforderungen erfüllt. Die aufgepeppten Batterien kommen in der Folge zum Beispiel in Einfamilienhäusern zum Einsatz, um Strom vom Photovoltaiksystem einzuspeichern. Andere wiederum werden in Gabelstapler oder Golfwagen eingebaut. Die Energiebranche denkt aktuell über Batteriefarmen nach, in denen sich relevante Strommengen speichern lassen. Auch das ist ein mögliches Einsatzgebiet für ein Second Life.

Mehr Informationen finden Sie hier:

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Batterien für Elektrofahrzeuge - Key Facts & Figures

2023-04-01
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Batterien für Elektrofahrzeuge

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